Wie viele Orte und Gegebenheiten hat auch der Fluss Thares seine Geschichte und seine Legenden. Eine dieser Legenden, die am häufigsten abends am Feuer erzählt wird, soll an dieser Stelle festgehalten werden.
Einst gab es eine Frau namens Ellira, ein Mischblut halb Mensch halb Elfe. Sie war eine der ersten, die Exile besiedelten. Ihr Leben war von Tragik durchwoben. Beide Elternteile waren früh gestorben, die Schule konnte sie teilweise aufgrund von Krankheit nicht besuchen, nur schlecht bezahlte Jobs und schließlich wurde sie gar vergewaltigt. Doch trotz aller Hindernisse nahm Ellira ihr Leben jeden Tag mit neuem Elan, war sogar bereit, das unrechtmäßig gezeugte Kind zu gebären und mit aller Liebe großzuziehen. Das Portal gewährte ihr diesen Wunsch und ließ sie mit ihrem Ungeborenen Kind aus der Verfolgung der Menschen flüchten. Die ersten Wochen waren hart und entbehrlich und sie überlebte sie nur, da das Glück es einmal gut mit ihr meinte, andere Übergänger zu ihr schickte. Doch auch in dieser Welt sollte ihr Glück nicht lange währen. Sie verlor das Kind bei der Geburt. Dies war der erste Moment in ihrem Leben, in dem sie verzweifelte. Sie verfluchte das Leben, Gott und alles was ihr einfiel. Sie verfluchte diese nicht für den Verlust ihres Kindes, sondern dafür, dass sie nicht selbst bei der Geburt umgekommen war, damit sie wenigstens im Tode mit ihrem Säugling zusammen sein konnte.
Als sie gerade wieder bei Kräften war, verließ sie in der Nacht das Lager und irrte ziellos durch die Dunkelheit. Stunden, in denen sie fror und weinte, stolperte, fiel, weiter ging. Erst am Ufer des Flusses machte sie Halt und lies sich ins Gras fallen. Sie weinte und weinte und Träne um Träne fiel in den Fluss. Statt jedoch hinfort gespült zu werden, sammelten sie sich vor ihr, bis schließlich eine Gestalt aus dem Fluss zu wachsen schien. Erschrocken hielt Ellira inne und schaute auf das Wesen, welches nun auf dem Fluss stand. "Deine Tränen sind voller Trauer.", sagte eine tonlose Stimme, einem Flüstern gleich. "Doch sie sind auch so voller Leben, dass sie mich an dieses erinnerten. Ich möchte dieses Leben bei mir haben, auf dass deine Tränen und dein Lächeln mich stets daran erinnern." Erstaunt schaute die Halbelfe zu dem Wasserwesen hoch. "Wer bist du?", fragte sie, und die Antwort war: "Ich bin Thares. Der Hüter dieses Flusses. Komm mit mir, Ellira, bei mir sollen deine Tränen nicht umsonst geflossen sein." Und Ellira ergriff die Hand, die ihr gereicht wurde und verschwand mit der einzigen Hoffnung, die sie noch hatte, in den Tiefen des Flusses.
Wenn man sich lange genug still am Ufer des Flusses aufhält, so heißt es, hört man eine weibliche Stimme flüstern: "Thares", wieder und wieder. Manche Leute werfen, wenn sie die Brücken über den Fluss überqueren, einen Zweig ins Wasser. Sie hoffen durch diese Geste, die das Leben in den Tränen Elliras symbolisieren soll, den Segen von Thares für eine gute Reise und ein langes Leben zu erhalten.